Auszug der Einführung zur Ausstellung  FREQUENCIES von Dr. Sonja Lechner

“Dass eine Form nicht nur gesehen und ertastet werden kann, sondern auch Gehör finden sollte, führt uns die Künstlerin mit der Installation „Frequencies“ vor Augen, die den Ton in Form einer Komposition von Christian Losert Einzug halten lässt und den Sehsinn wie den Tastsinn um den Hörsinn erweitern. Kann Form hörbar gemacht werden und Töne sichtbar? Lichtstrahlen, Lichtwolken, Lichtzeichnungen, Lichtwelten umschließen uns, nichts mehr ist festgelegt. Tatjana Busch hebt jedwede Gattungsgrenze von Kunst auf und führt uns vor Augen, dass alles und jedes und wir miteinander verwoben sind. Auf 45 Quadratmetern verspiegelten Edelstahlbodens stehen 5 mannshohe Plastiken und ein sich drehendes, aus 3 Teilen bestehendes Objekt. Der Betrachter wird durch einen 30 minütigen Videoloop geführt auf dem Weg einer Metamorphose, die den Tag mit dynamischem Rauschen in blauem Licht ankündigt, bevor er in die Nacht übergeht und vice versa, die von UV-Licht, rot und grün versinnbildlicht wird. Der Titel „Frequencies – Frequenzen“ deutet es an: Die Installation spielt mit dem Spannungsverhältnis zwischen dem Objektiven, sprich dem Definierbaren, in physikalischen Elementen wie Frequenzen wiederzugebenden Wissenschaftlichem und dem Subjektiven, der Welt des Emotionalen, der variierenden Wahrnehmungen des Betrachters. 

„Die Kunst ist ebenso diesseitig wie die Wissenschaft, sie ist die Widerspiegelung derselben Wirklichkeit wie die wissenschaftliche“, hat es der ungarische Literaturkritiker Georg Lukas einst auf den Punkt gebracht. So eindeutig es sein kann, dass etwa der Farbe Rot 380-480 Teta Hertz zugeordnet werden, so uneindeutig ist die Empfindung, welche die Farbe bei uns auslöst: Unsere Vielheit spiegelt sich in der Vielfalt der Auffassungen von Rot wieder. Wie fühlt sich rot für mich an? Und: Kann Rot in einen Klang übersetzt werden? Licht ist Frequenz und Frequenz ist Energie: Wenn Energie freigesetzt wird, ist sie spürbar. Tatjana Busch untersucht Licht und Klang quasi mit künstlerischen Mitteln und zwar sowohl im physikalischen Raum als auch in der Wahrnehmung des Betrachters. Das Licht ist ein Kind der Dunkelheit, ebenso wie der Klang in der Stille zu Hause ist. Das eine bedingt das andere: Diese Bipolarität birgt ein Spannungsverhältnis, das die Künstlerin auslotet. Wie ist Nacht, wie ist die Dunkelheit aufgebaut, wie ochestriert? Wie nehmen wir sie wahr in ihrer Grenzenlosigkeit, ohne unsere vertraute Welt der Gegenstände erkennen zu können? Im Schwarz der Dunkelheit orientieren sich unsere Sinne von der Außenwelt nach innen. Die Orte, die Tatjana Busch schafft, machen das Licht zum Material unserer Bewusstwerdung.

Ihre eigene Reaktion als Betrachter beim Begehen von Frequencies wird Ihnen heute einen Vorgeschmack davon liefern: Das Zusammenspiel dreier Komponenten – der Objekte, des Lichtes und des Klangs, setzt erst den Formenreichtum frei, den ein Bestandteil alleine nicht evozieren könnte. Genauso wie wir Menschen Interaktion benötigen, um Neues entstehen zu lassen, und, wenn uns das Fatum wohlgesonnen ist, auf ein oder mehrere Gegenüber treffen, die all die Vielfalt zum Klingen bringen, die in uns angelegt ist, genauso antworten auch die Installationen von Tatjana Busch auf eine Aktion mit einer Reaktion, die all das freisetzt, was in Ihnen enthalten ist. Der Betrachterstandpunkt ist aufgelöst, es gibt nicht mehr den EINEN Blickwinkel auf ihr Werk, so wie es nicht nur eine Sichtweise auf das Leben gibt, sondern variierende Perzeptionsmöglichkeiten. Und so führt uns die Künstlerin in ihrem Werk vor Augen, was es bedeutet, in einer Form deren Vielheit impliziert zu sehen, ein und dieselbe Sache aus mehreren Blickwinkeln zu betrachten: Bewusstseinserweiterung und Seinsentfaltung im besten Wortsinne!“